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Green Claim oder Greenwashing? Werbung mit Nachhaltigkeit

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Green Claim oder Greenwashing? Werbung mit Nachhaltigkeit

Klima und Umwelt können beim Einkauf eine wichtige Rolle spielen. Viele Unternehmen möchten ihre Produkte daher in einem umweltfreundlichen Licht erscheinen lassen. Neue Gesetze sollen Greenwashing erschweren, damit Verbraucher:innen zuverlässige und überprüfbare Informationen für ihre Kaufentscheidung erhalten.

Green Claim – Was ist das?

Als „Green Claim“, oder auch Umweltaussagen, werden Angaben bezeichnet, die den Eindruck erwecken, dass ein Produkt einen konkreten Nutzen für die Umwelt bietet. Das können allgemeine Aussagen wie „nachhaltig“, „klimaneutral“ und „bienenfreundlich“ sein, aber auch konkretere Angaben wie „Wir fördern die Wiedervernässung von Mooren“ sowie Zahlen, Siegel und Zeichen. Solche Angaben können direkt auf dem Etikett stehen oder auch in der Werbung für diese Produkte auftauchen.

Und wann ist es Greenwashing?

Verschweigen Unternehmen bei der Nachhaltigkeitswerbung wichtige Aspekte oder wirkt die Angabe positiver, als der Effekt für die Umwelt tatsächlich ist, handelt es sich um „Greenwashing“. In einer Untersuchung im Auftrag der Europäischen Kommission zu Umweltaussagen in der Europäischen Union (EU) waren im Jahr 2020 die Hälfte der untersuchten umweltbezogenen Werbeaussagen potentiell irreführend. Beispielsweise handelte es sich um unklare, mehrdeutige oder nicht belegte Angaben.

Das Problem: Auch solche unklaren, nicht belegten Angaben lassen Lebensmittel besonders umweltfreundlich erscheinen. Dies zeigt auch eine Untersuchung im Auftrag von Lebensmittelklarheit aus dem Jahr 2023. So gingen bei einem Parmesankäse etwa zwei Drittel der Befragten von einer mittleren bis hohen Klimabelastung aus. Wurde dieser jedoch mit der Angabe „klimaneutral“ beworben, kamen nur noch gut die Hälfte der Befragten zu dieser Einschätzung. Die Angabe führt also zu einer unrealistischeren Einschätzung der Klimabelastung. 

Werbung mit „klimaneutral“

verschiedene Klimalabel
Quelle
Verbraucherzentrale

Besonders Angaben zu Klimaauswirkungen wie „klimaneutral“ und „CO2-positiv“ wurden in den vergangenen Jahren stark genutzt. Dies zeigte auch ein Marktcheck der Verbraucherzentralen im Jahr 2023. Auf 87 Produkten fanden sich 73-mal die Angaben „klimaneutral/-positiv“ sowie „CO2-neutral/-positiv“. Verbraucher:innen sollten bei solchen Aussagen skeptisch bleiben: Die Angaben können den Eindruck erwecken, ein Produkt oder Unternehmen habe keinerlei negative Auswirkungen auf das Klima oder den CO2-Gehalt in der Atmosphäre. Doch das ist derzeit schlichtweg nicht möglich. 

Die Unternehmen rechtfertigen die Aussagen durch Investitionen in sogenannte „Ausgleichsprojekte“. Dafür wird zunächst der CO2-Ausstoß eines Produkts oder Unternehmens berechnet und dann eine entsprechende Menge Zertifikate gekauft. Diese sollen nachweisen, dass der entstandenen CO2-Ausstoß beispielsweise durch Wiederaufforstung ausgeglichen wird. Die Klimaneutralität soll also durch einen Ausgleich (Kompensation) erreicht werden. Diese Art der Werbung hat jedoch mehrere Nachteile:

  • Nicht immer wird der gesamte Lebensweg eines Lebensmittels einbezogen, beispielsweise wird mitunter der Anbau der Zutaten in weit entfernten Ländern ausgespart und stattdessen nur die Endverarbeitung bilanziert.
  • Die Bilanzierung der Ausgleichsprojekte ist hochkomplex. Nicht immer können sie eine tatsächliche langfristige CO2-Einsparung sichern – so dauert es mehrere Jahre, bis Bäume die entsprechenden CO2-Mengen speichern. Durch Dürren, Schädlinge oder Waldbrände können sie zerstört werden. Dann wird auch das CO2 wieder freigesetzt. 
  • Die Zertifikate sind oft deutlich billiger, als eigene Investitionen der Unternehmen in mehr Nachhaltigkeit, sodass Unternehmen kaum Anreize bekommen, ihren tatsächlichen CO2-Ausstoß zu reduzieren. 

In den vergangenen Jahren haben Verbraucher- und Umweltschutzverbände vielfach Unternehmen wegen irreführender Klimawerbung abgemahnt oder verklagt. Zudem sind auf EU-Ebene mehrere Richtlinien und Gesetze gegen Greenwashing in Planung oder wurden bereits verabschiedet. Die Werbung mit „klimaneutral“ ist daher inzwischen deutlich zurückgegangen. 

Gerichtsurteile und rechtliche Entwicklungen

Grundsätzlich unterliegen Green Claims dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG). Das heißt, sie dürfen keine falschen, irreführenden oder unzureichenden Informationen liefern. Diese (täuschenden) Informationen dürfen Verbraucher:innen insbesondere nicht zum Kauf eines Produkts bewegen, das sie andernfalls nicht gekauft hätten. 

Auf dieser Grundlage gab es in den vergangenen Jahren mehre Gerichtsurteile gegen Klima- und Umweltaussagen – nicht nur bei Lebensmitteln, sondern auch bei Reinigungsmitteln oder sogar Heizöl. Nachteil solcher allgemeinen Regelungen ist jedoch, dass es immer einen Kläger braucht, damit kritische Werbeaussagen wieder vom Markt verschwinden. 

Dem soll die Anfang 2024 beschlossenen Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel entgegenwirken. Sie verbietet Eigenlabel, Werbung mit Klimaneutralität durch Kompensation sowie allgemeine Umweltaussagen wie „grün“, „nachhaltig“ oder „umweltverträglich“, die das Unternehmen nicht nachweisen kann. Die Richtlinie muss bis 2026 in deutsches Recht umgesetzt werden.

Ergänzend befindet sich die Richtlinie über Umweltaussagen (EU Green Claims Directive – GCD) im Gesetzgebungsverfahren. Sie soll ausdrückliche Umweltaussagen und Umweltzeichen regulieren. Dazu soll sie einheitliche Mindestanforderungen für die Vergleichbarkeit, Belegbarkeit und Kommunikation von umweltbezogenen Werbeaussagen schaffen. Zukünftig sollen Unternehmen Umweltaussagen und –zeichen nur noch verwenden dürfen, wenn Dritte diese vorher auf ihre Richtigkeit geprüft haben. Bis die Richtlinie in Kraft tritt und ins deutsche Recht umgesetzt wird, werden jedoch noch Jahre vergehen. 

Wie erkenne ich nachhaltige Lebensmittel?

Für eine umweltbewusste Lebensmittelauswahl sind Werbeaussagen und Siegel weniger entscheidend als vielmehr der Griff zu mehr pflanzlichen Lebensmitteln, die Wahl regionaler und saisonaler Produkte und dass möglichst wenig davon im Müll landet. Eines der wenigen verlässlichen Nachhaltigkeitssiegel ist das Bio-Siegel. Es beruht auf gesetzlichen Standards und steht für eine nachhaltigere und umweltfreundlichere Lebensmittelproduktion. Nur Produkte, die den Vorgaben entsprechend hergestellt wurden, dürfen es tragen. Die Zertifizierung und Kontrolle erfolgt durch externe Dritte. 

Mehrstufige Label

verschiedene Produkte mit Eco-Score
Quelle
Lidl GmbH & Co. KG

Die Untersuchung im Auftrag von Lebensmitteklarheit zeigte auch, dass mehrstufige, interpretative Label eine echte Einkaufshilfe sein können, da sie Lebensmittel vergleichbar machen. Das sind beispielsweise farbige Skalen von A bis E oder 1 bis 5 wie der Nutri-Score für die Nährwertbewertung von Lebensmitteln. Erste Entwicklungen im Bereich Umwelt und Nachhaltigkeit sind der Eco- und Planet-Score. Sie werden bereits erprobt oder sind auch schon vereinzelt auf Lebensmitteln zu finden. Diese sind jedoch hoch komplex und konnten sich bisher nicht durchsetzen. 

Werbung mit Umweltaussagen haben ein hohes Irreführungspotential. Umso wichtiger sind daher die rechtlichen Regelungen auf europäischer Ebene. Die Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den Ökologischen Wandel muss möglichst bald in deutsches Recht umgesetzt werden. Auch die Gesetzgebung zur Umweltaussagen-Richtlinie muss zügig vorangebracht werden. Die Werbung mit „Klimaneutralität“ und gleichbedeutenden Begriffen sollte vollständig verboten werden. 
Bei der Weiterentwicklung eines mehrstufigen Labels sind umfangreiche, unabhängige und verlässliche wissenschaftliche Grundlagen unverzichtbar. Ein solches Label sollte EU-weit einheitlich rechtlich geregelt sein. Es muss leicht verständlich sowie von anderen Siegeln unterscheidbar sein.
 

Hinweis: Unsere Kurzmeldungen geben grundsätzlich den Stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Sie werden in der Regel nicht aktualisiert.

Der leichtsprachliche Text wurde übersetzt von:
Isabella von Luxburg,
luxburg@leichtzulesen.org,
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Der Text wurde geprüft durch die Prüflesegruppe:
Menschen mit Lernschwierigkeiten Zentrum Leichte Sprache Allgäu,
https://www.kjf-augsburg.de/angebote-leistungen/weitere-angebote/zentrum-leichte-sprache/

 

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