Urteil: 30-Prozent-Aufkleber auf reduzierter Ware reicht nicht aus
Wer Lebensmittel im Preis reduziert, weil das MHD bald abläuft, muss den Grund für die Preisermäßigung deutlich kennzeichnen. Andernfalls gelten nicht die Ausnahmen für Ware mit kurzer Haltbarkeit. Das hat das Oberlandesgericht Nürnberg in einem aktuellen Urteil klargestellt. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hatte gegen die Firma Netto Markendiscount geklagt.
Der Discounter Netto hatte in mindestens einem Geschäft mehrere Käsestücke kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD) mit roten Aufklebern „-30%“ gekennzeichnet. Zwar waren sowohl der ursprüngliche Preis als auch der ursprüngliche Grundpreis zu erkennen. Der neue, reduzierte Preis sowie der neue Grundpreis fehlten hingegen. Auch der Grund für die Preisermäßigung, nämlich die verkürzte Haltbarkeit, war nicht explizit angegeben. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg reichte gegen dieses Vorgehen sowie gegen weitere vermeintlich unklare Preisangaben Klage ein.
Grund für die Preisermäßigung nicht zu erkennen
Nach Ansicht der Verbraucherzentrale liegt ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung vor. Da der Anbieter den neuen, reduzierten Preis nicht nennt, müsse er angeben, dass der Grund für die Preisreduzierung ein drohender Verderb sei, argumentierten die Verbraucherschützer gegenüber dem Gericht.
Laut Preisangabenverordnung müssen Anbieter bei verpackten Lebensmitteln sowohl den Gesamtpreis als auch den Grundpreis angeben. Bei schnell verderblichen Waren oder Waren mit kurzer Haltbarkeit darf der Preis herabgesetzt werden, ohne Gesamt- und Grundpreis zu nennen. Voraussetzung ist aber, dass der drohende Verderb oder Ablauf der Haltbarkeit ausreichend gekennzeichnet wird.
OLG Nürnberg: Farbiger Prozent-Aufkleber reicht nicht aus
Das Landgericht Amberg hatte die Klage in erster Instanz noch als unbegründet zurückgewiesen. Der drohende Ablauf der Haltbarkeit sei durch die roten 30%-Aufkleber ausreichend kenntlich gemacht, so die Ansicht des Gerichts. Ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung liege nicht vor.
Dies sah das Oberlandesgericht Nürnberg in zweiter Instanz anders. Nach Ansicht der Richter:innen reicht ein farbiger Prozent-Aufkleber nicht aus, um auf den drohenden Verderb oder den bevorstehenden Ablauf der Haltbarkeit hinzuweisen. Der Anbieter müsse im Rahmen der Preisermäßigung auf den Grund für die Reduzierung hinweisen, etwa „wegen baldigen Ablaufs der Mindesthaltbarkeit“ oder „reduziert wegen kurzer Haltbarkeit“.
Nach Ansicht des Gerichts gelten die Ausnahmen der Preisangabenverordnung nur dann, wenn der Händler ausreichend klar auf die Gründe der Preisreduktion hinweist. Das heißt, nur dann kann das Unternehmen auf die Angabe eines neuen Gesamt- und Grundpreises verzichten.
Nach dem Urteil darf Netto den preisreduzierten Käse nicht mehr einfach nur mit roten Prozentaufklebern kennzeichnen. Das Unternehmen wird verpflichtet, zusätzlich auf den Grund für die Preisreduzierung, nämlich den drohenden Verderb hinzuweisen.
Fehlt diese zusätzliche Angabe, muss der Händler entsprechend der Preisangabenverordnung sowohl den neuen Gesamt- als auch den neuen Grundpreis angeben.
Die Verbraucherzentrale hatte im Verfahren weitere, aus ihrer Sicht unklare Preisangaben bei Netto bemängelt. Zu diesen kritisierten Punkten wiesen die Richter die Klage aber ab.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Quelle: Urteil des OLG Nürnberg vom 05.08.2025 – 3 U 2376/24 UWG
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