
Shrinkflation und Skimpflation: Versteckte Preiserhöhungen müssen erkennbar sein
Die gestiegenen Lebensmittelpreise setzen vielen Menschen zu. Um Verbraucher:innen nicht abzuschrecken, umgehen Hersteller direkte und offensichtliche Preiserhöhungen durch „Sparmaßnahmen“ bei Füllmengen und Qualität. Ohne klaren Hinweis fällt solch eine Veränderung entweder gar nicht oder erst zu Hause auf – und das ist ärgerlich.
Eine Studie im Auftrag von Lebensmittelklarheit zeigt, was Verbraucher:innen von indirekten Preiserhöhungen ohne klaren Hinweis halten. So fühlen sich 81 Prozent der Befragten durch versteckte Preiserhöhungen getäuscht. Bei Vielen führt das zu Vertrauensverlust in die Hersteller und sogar zu einem Markenwechsel. Knapp 90 Prozent fordern einen gut sichtbaren Hinweis auf der Verpackung.
Shrinkflation: Wenn die Füllmenge schrumpft
Der Preis bleibt gleich, doch die Füllmenge sinkt – das nennt man Shrinkflation. Der Begriff setzt sich aus dem englischen „shrink“ für „schrumpfen“ und „flation“ (von Inflation) zusammen. Solche indirekten Preiserhöhungen sind nicht neu, doch die Beschwerden häufen sich. Beispiele gibt es viele, fast alle Produktgruppen sind betroffen: So enthält der Joghurt plötzlich nur noch 400 statt 500 Gramm, die Tütensuppe reicht nur noch für 750 Milliliter statt für einen ganzen Liter und in der Eispackung sind nur noch vier statt fünf Stück.
Ohne eine Veränderung der Verpackung fällt die verringerte Füllmenge kaum auf. Es besteht die Gefahr einer Täuschung, die Preiserhöhung ist versteckt. Häufig ändern Hersteller die Verpackung geringfügig, um dem Vorwurf der Irreführung zu entgehen. Ein klarer Hinweis auf die verringerte Füllmenge fehlt aber meistens.
Rechtlich gesehen ist die Frage, ob eine Täuschung vorliegt, oft schwer zu beantworten – insbesondere, wenn Hersteller die Gestaltung der Verpackung ändern. Im Zweifel muss jedoch jeder Fall einzeln gerichtlich geprüft werden.
Ein Beispiel aus der Praxis: 2022 häuften sich die Beschwerden über geringere Füllmengen bei Streichfetten. Darunter auch ein Produkt, das von 500 auf 400 Gramm geschrumpft war, während sich die Bechergröße nicht verändert hatte. Ein Hinweis, dass die Füllmenge reduziert wurde, fehlte. So stieg der Preis nahezu unmerklich um 25 Prozent. In diesem Fall klagte die Verbraucherzentrale Hamburg wegen Täuschung gegen den Hersteller – und bekam vor dem Landgericht Hamburg recht.
Schrumpfpackungen erkennen
Um sich vor versteckten Preiserhöhungen zu schützen, hilft ein genauer Blick auf die Verpackung: Eine veränderte Gestaltung oder eine neue Verpackungsform können mit einer verringerten Füllmenge verbunden sein. Auch eine hervorgehobene Angabe der Füllmenge auf der Schauseite halten Hersteller zum Teil als Hinweis für ausreichend. Ebenso kann sich eine Shrinkflation hinter Hinweisen wie „verbesserte Rezeptur“ verstecken, wenn gleichzeitig mit der Rezeptur auch die Füllmenge verändert wurde.
Ohne eindeutigen Hinweis bleibt das Problem allerdings: Um eine versteckte Preiserhöhung eindeutig zu erkennen, müssten Verbraucher:innen die alte Füllmenge oder den alten Grundpreis kennen.
Einige Hersteller weisen auf eine veränderte Füllmenge hin. So heißt es auf der Vorderseite eines Müslis in einem farblich hervorgehobenen Feld „Weniger Inhalt. Unveränderte Qualität.“ Ähnlich bei Tiefkühl-Kräutern: „weniger Inhalt als vorher“.
Wenn die Veränderung erkennbar ist, können Verbraucher:innen die Grundpreisangabe nutzen, um Preise neu zu vergleichen und zu entscheiden, welches Produkt sie kaufen.
Skimpflation: Wenn Hersteller an den Zutaten sparen
Ein weiterer Trick der Hersteller: Der Preis bleibt gleich, doch der Anteil wertgebender, meist teurer Zutaten sinkt – das nennt man Skimpflation. Der Begriff setzt sich aus dem englischen „skimp“ (einsparen) und „flation“ (von Inflation) zusammen. Auch zu dieser Art der versteckten Preiserhöhung erreichen Lebensmittelklarheit regelmäßig Beschwerden. Denn oft gibt die Verpackung keine oder nur unauffällige Hinweise auf eine veränderte Zusammensetzung. So wird ein Orangensaft aus 100 Prozent Orangen unauffällig zum Orangennektar mit 50 Prozent Fruchtgehalt. Und die Lieblings-Eiscreme ist plötzlich keine „Eiscreme“ mehr, sondern ein schlichtes „Eis“: Die Zutatenliste verrät, dass die für eine Eiscreme typische Sahne durch Wasser und Kokosfett ersetzt wurde.
Die Argumente der Hersteller für solche Rezepturänderungen sind dabei nicht nur höhere Rohstoffpreise, sondern auch Rücksicht auf vermeintliche Verbraucherwünsche.
Schwindende Zutaten erkennen
Eine neue Zusammensetzung bei einem bekannten Produkt bleibt beim Einkauf manchmal unbemerkt. Eine veränderte Qualität ist schwer zu erkennen. Bei Hinweisen wie „Neue Rezeptur“ – oder sogar besonders frech: „verbesserte Rezeptur“ – sollten Verbraucher:innen misstrauisch werden. Wer noch eine alte Verpackung zuhause hat, kann die Zutatenlisten vergleichen: Die Reihenfolge der Zutaten zeigt, wovon am meisten drin ist. Die Hauptzutaten stehen direkt am Anfang. Außerdem ist eine Mengenkennzeichnung für einzelne Zutaten vorgeschrieben, wenn diese auf der Verpackung beworben werden oder für das Lebensmittel typisch oder charakteristisch sind. Sie können helfen, verringerte Mengenanteile aufzudecken.
Was tut die Politik gegen versteckte Preiserhöhung?
Auf politischer Ebene wird eine bessere Kennzeichnung solcher Preiserhöhungen schon lange diskutiert, doch konkrete gesetzliche Änderungen stehen noch aus. In Ländern wie Ungarn und Frankreich müssen Händler bereits auf eine verringerte Füllmenge hinweisen. Zusätzlich können in Frankreich Verbraucher:innen versteckte Preiserhöhungen bei einer staatlichen Stelle melden.
Einschätzung der Verbraucherzentrale
Die Verbraucherzentralen setzten sich daher dafür ein, dass Unternehmen versteckte Preiserhöhungen durch kleinere Füllmengen oder veränderte Rezepturen für mindestens sechs Monate durch einen klaren und eindeutigen Hinweis auf der Verpackung kennzeichnen. Dazu gehört auch, dass sie die konkrete Änderung der Füllmenge benennen und Mengenanteile beworbener und wertgebender Zutaten konsequent angeben.
Auch fordern die Verbraucherzentralen eine Meldestelle nach französischem Vorbild. Dafür könnte das Portal Lebensmittelklarheit dienen.
Lebensmittelklarheit bearbeitet Fälle, bei denen sich die Rezeptur oder die Füllmenge ändert – ohne einen deutlichen Hinweis darauf. Die Verbraucherzentrale Hamburg sammelt Beschwerden über solche „Mogelpackungen“ in einer öffentlichen Liste. Hier können Verbraucher:innen ihre Erfahrungen melden.
Hinweis: Unsere Kurzmeldungen geben grundsätzlich den Stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Sie werden in der Regel nicht aktualisiert.
Der leichtsprachliche Text wurde übersetzt von:
Isabella von Luxburg,
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Kommentare
Bei der Werbung mit einer "verbesserten Rezeptur" stellt sich immer die Frage, für wen sich die Rezeptur verbessert hat:
Der Verbraucher geht davon aus, dass er den Vorteil hat, während der Hersteller eigentlich meint, dass die Rezeptur für ihn besser ist, weil er weniger wertgebende Zutaten einsetzen muss und daher mehr Gewinn für ihn herausspringt. Das würde natürlich kein Hersteller laut sagen, da er sich den folgenden Shitstorm schon denken kann.
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