So haben Hersteller reagiert:

Anzeige „Glycowohl extra“ in „Diabetes Living“

Änderung: Die Firma hat sich verpflichtet nicht mehr mit den kritisierten Angaben zu werben.
Geändert

Mit der Anzeige „Diabetes Sprechstunde“ in einer Zeitschrift richtete sich der Anbieter gezielt an Diabetiker, die sich in der Corona-Pandemie schützen wollen. Für das Nahrungsergänzungsmittel „Glycowohl extra“ warb er mit Aussagen wie „Extra-Schutzschild“ und „Meilenstein in der Immunforschung“ für die „besonders gefährdeten Risikogruppen wie Diabetiker“. 

Der Anbieter hat Lebensmittelklarheit mitgeteilt, dass er aktuell keine Anzeigen für das Produkt schaltet.

Sehr geehrte Damen und Herren, als Diabetiker lese ich natürlich einschlägige Zeitschriften wie „diabetes LIVING“. In der Ausgabe 06/2020 dieser Zeitschrift findet sich eine Anzeige für das Produkt „Glycowohl extra“. Abgesehen davon, dass einem Diabetiker durch den Text der Anzeige in dieser eh schon schweren Corona-Zeit ein zusätzliches Angstgefühl vermittelt wird, soll das Nahrungsergänzungsmittel besonders Diabetiker vor Corona zu schützen.
Es heißt sogar, es sei ein Meilenstein in der Immun-Forschung. Da ich bestimmt nicht der einzige bin, der sich hier auf den Arm genommen fühlt, wende ich mich heute an Sie. Mit freundlichen Grüßen
Verbraucher aus Straßkirchen vom 01.12.2020

Einschätzung der Verbraucherzentrale zur ursprünglichen Werbeanzeige

Mit der Anzeige „Diabetes Sprechstunde“ in einer Zeitschrift richtet sich der Anbieter gezielt an Diabetiker, die sich in der Corona-Pandemie schützen wollen. Für das Nahrungsergänzungsmittel „Glycowohl extra“ wirbt er mit Aussagen wie „Extra-Schutzschild“ und „Meilenstein in der Immunforschung“ für die „besonders gefährdeten Risikogruppen wie Diabetiker“. Angaben zur Stärkung des Immunsystems sind gesundheitsbezogen und müssen rechtlichen Vorgaben entsprechen.

Darum geht’s:

Der Anbieter wirbt mit einer Anzeige in der „Diabetes-Sprechstunde“ der Zeitschrift „Diabetes-Living“, Ausgabe 06/2020. Die Abbildung zeigt einen kugelförmigen Virus sowie ein Schutzschild. In der Anzeige stehen folgende Aussagen:

  • Das EXTRA-Schutzschild für Ihr Immunsystem
  • Krankheitsfallen lauern im Winter überall. Risikogruppen, wie z.B. Diabetiker, sind jetzt besonders gefährdet. Schützen Sie jetzt Ihr Immunsystem mit Glycowohl EXTRA.
  • Es enthält alle wichtigen Mikronährstoffe, um den Angriffen auf unser Immunsystem zu trotzen.
  • Glycowohl-EXTRA enthält Vitamin D, Zink und B Vitamine in hochdosierter Form und mobilisiert so die körpereigene Immunabwehr.
  • Fazit: Glycowohl EXTRA ist ein Meilenstein in der Immun-Forschung

In den Fußnoten stehen in deutlich kleinerer Schrift die folgenden Claims:

  • Vitamin D, Vitamin C, Vitamin B 6, Folsäure, Vitamin B 12 und Zink tragen zu einer normalen Funktion des Immunsystems bei.
  • Vitamin C trägt dazu bei, die Zellen vor oxidativem Stress zu schützen.

Das ist geregelt:

Die Health Claims-Verordnung (HCVO) regelt die Verwendung nährwert- und gesundheitsbezogener Angaben auf Lebensmitteln sowie deren Werbung für Lebensmittel.
Eine Liste mit gesundheitsbezogenen Angaben enthält die Verordnung über Lebensmittel-Gesundheitsangaben. Für die Vitamine C, D, B 6, B 12, Folat sowie Zink ist die Angabe „trägt zu einer normalen Funktion des Immunsystems bei“ zugelassen. Für Vitamin C ist außerdem der Claim „trägt dazu bei, die Zellen vor oxidativem Stress zu schützen“ erlaubt.

Zudem dürfen nur Formulierungen verwendet werden, die sinngemäß dem Wortlaut der oben genannten Verordnung entsprechen und nicht über den wissenschaftlich zugelassenen Claim hinausgehen. So kam auch der Arbeitskreis Lebensmittelchemischer Sachverständiger (ALS) 2012 zu dem Ergebnis, dass die Aussage „zur Stärkung von“ nicht gleichbedeutend mit „trägt zur normalen Funktion bei“ ist.
Auch das Kammergericht Berlin hat in einem Urteil klargestellt, dass „das Immunsystem stärken“ nicht gleichbedeutend sei mit „trägt zur normalen Funktion bei“.

So sieht’s die Verbraucherzentrale:

Die Werbung vermittelt aus unserer Sicht durch die Abbildung des Corona-Virus in Verbindung mit dem Schriftzug „das Extra-Schutzschild für Ihr Immunsystem“ einen besonderen Schutz durch das Nahrungsergänzungsmittel vor einer möglichen Covid-19-Erkrankung. Hinweise auf Studien, die das erhöhte Risiko bei Diabetikern belegen und solche, die das Risiko schwerer Verläufe durch einen niedrigen Vitamin-D-Spiegel erhöhen, können Betroffene zusätzlich verunsichern.
Die Werbeaussagen zum „Meilenstein in der Immunforschung“ relativiert der Anbieter erst im Kleingedruckten der Anzeige und führt in den Fußnoten die zugelassenen Claims für die enthaltenen Vitamine und Mineralstoffe auf. Denn für die beworbenen Vitamine und Zink ist wissenschaftlich lediglich nachgewiesen, dass sie „zu einer normalen Funktion des Immunsystems“ beitragen. Diese Angaben sind leicht zu übersehen und können den falschen Eindruck, das Mittel könne einen „Extra-Schutz“ vor einer Covid-Erkrankung bieten, nicht korrigieren.

Fazit:

Aus Sicht der Verbraucherzentrale sollte der Anbieter auf Gesundheitsversprechen in Zusammenhang mit dem Corona-Virus verzichten.

Stellungnahme der Heilpflanzenwohl GmbH, Berlin

Kurzfassung:

Wir haben daher die Anzeige umgehend korrigiert. Es war zu keinem Zeitpunkt unsere Absicht, VerbraucherInnen und PatientInnen ein Angstgefühl zu vermitteln oder unser Produkt in einen Gesundheits- oder Krankheitsbezug zu stellen. Wir bedauern sehr, dass mit unserer Anzeige trotzdem dieser Eindruck entstanden ist.

Ergebnis

Der Anbieter hat Lebensmittelklarheit mitgeteilt, dass er aktuell keine Anzeigen für das Produkt schaltet.