Gentechnik in Lebensmitteln – bald weniger gekennzeichnet?
Lebensmittel, die gentechnisch veränderte Zutaten enthalten, müssen mit einem Hinweis gekennzeichnet werden. Nach Plänen der Europäischen Union soll es in Zukunft Ausnahmen für bestimmte gentechnisch veränderte Organismen (GVO) geben. Das betrifft Pflanzen, deren Erbgut mit neuen genomischen Techniken (NGT) verändert wurde – sogenannte NGT-1-Pflanzen. Sie sollen konventionell gezüchteten Pflanzen gleichgestellt werden. Eine Kennzeichnung auf Lebensmitteln wäre für diese Pflanzen dann nicht mehr vorgeschrieben.
Gentechnisch veränderte Lebensmittel sind kennzeichnungspflichtig
Gentechnik kann an verschiedenen Stellen in der Lebensmittelproduktion eine Rolle spielen. Grundsätzlich gilt: Ist ein Lebensmittel selbst oder eine seiner Zutaten gentechnisch verändert, muss dies gekennzeichnet werden.
Zu kennzeichnen sind zum Beispiel:
- Lebensmittel, die selbst gentechnisch verändert sind: etwa gentechnisch veränderter Mais oder gentechnisch verändertes Soja
- Zutaten aus gentechnisch veränderten Pflanzen: etwa Sojaöl, Maismehl oder Maltodextrin aus gentechnisch verändertem Mais, Zucker aus gentechnisch veränderten Zuckerrüben
- Zusatzstoffe, Vitamine oder Aromen aus gentechnisch veränderten Organismen: etwa Maltit aus gentechnisch verändertem Mais, Vitamin E aus gentechnisch verändertem Soja oder Aromen auf Basis gentechnisch veränderter Sojaeiweiße
- Gentechnisch veränderte Mikroorganismen: zum Beispiel Milchsäurebakterien in Joghurtkulturen (in der EU gibt es keine in Lebensmitteln zugelassenen gv-Mikroorganismen)
Die Pflichtangabe „gentechnisch verändert“ oder „aus gentechnisch veränderten … hergestellt“ muss wie folgt erfolgen:
- bei Lebensmitteln mit Zutatenliste: direkt in der Zutatenliste hinter der betreffenden Zutat, alternativ als Fußnote in gleicher Schriftgröße.
- bei verpackten Lebensmitteln ohne Zutatenliste: deutlich sichtbar auf dem Etikett
- bei Verpackungen mit einer Oberfläche von weniger als zehn Quadratzentimetern: gut sichtbar auf der Verpackung oder auf einem Schild bzw. Aushang direkt an der Ware
- bei unverpackten Lebensmitteln: auf einem Schild oder Aushang im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Produkt
- In Hotels und Gaststätten: in der Speisekarte oder in einem Aushang.
Besonders wichtig: Die Kennzeichnungspflicht gilt unabhängig davon, ob im Endprodukt die gentechnische Veränderung nachweisbar ist. Entscheidend ist allein die Tatsache, dass die Zutat ursprünglich aus einem gentechnisch veränderten Organismus stammt.
Diese Regeln ermöglichen Verbraucher:innen eine informierte Kaufentscheidung.
Bislang sind im Handel vor allem im Bereich Süßigkeiten, Riegel und Snacks vereinzelt Produkte mit gentechnisch veränderten Zutaten zu finden. Das hat eine Stichprobe der Verbraucherzentrale Hamburg aus dem Jahr 2023 ergeben. Sie sind mit Hinweisen wie „hergestellt aus gentechnisch verändertem Mais und Zuckerrüben“ gekennzeichnet.
Wo die Gentechnik- Kennzeichnung fehlen darf
Gentechnik kann in der Lebensmittelproduktion auch eingesetzt werden, ohne dass dies angegeben werden muss. Das betrifft insbesondere:
- Tierische Lebensmittel wie Milch, Fleisch, Eier oder Fischerzeugnisse, wenn die Tiere gentechnisch veränderte Futtermittel erhalten haben
- Vitamine, Zusatzstoffe, Enzyme und Aromen, die mithilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen hergestellt werden
Es besteht also ein Unterschied zwischen Lecithin aus gentechnisch veränderten Sojabohnen und Lecithin, dass mithilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen produziert wurde: Nur im ersten Fall ist eine Kennzeichnung vorgeschrieben.
Spuren sind ohne Kennzeichnung möglich
Durch den zunehmenden Einsatz von Gentechnik in Landwirtschaft und Verarbeitung kann es zu zufälligen Verunreinigungen kommen. Bis zu einem Anteil von 0,9 Prozent je Lebensmittel oder Zutat müssen solche unbeabsichtigten Spuren nicht gekennzeichnet werden. Unternehmen müssen jedoch gegenüber den Behörden nachweisen, dass sie ihre Sorgfaltspflicht erfüllt und Verunreinigungen möglichst vermieden haben.
Beispielsweise kann Honig Pollen von gentechnisch veränderten Pflanzen enthalten. Liegt der Anteil unter 0,9 Prozent, ist keine Kennzeichnung nötig – sofern der Betrieb geeignete Nachweise vorlegt.
Fehlen diese Nachweise, ist eine Kennzeichnung auch unterhalb des Schwellenwerts erforderlich.
Was sich durch neue gentechnische Verfahren ändert
Bei herkömmlicher Gentechnik werden artfremde Gene mithilfe technischer Verfahren in das Erbgut eingebracht. Diese Vorgehensweise ist weniger genau und kann unerwünschte Effekte verursachen. Neue Verfahren wie das Genome Editing ermöglichen gezieltere Veränderungen, ohne fremdes Erbmaterial einzubauen. Der Europäische Gerichtshof hat 2018 entschieden, dass auch diese Verfahren unter das Gentechnikrecht fallen.
Anfang Dezember 2025 verständigte sich der Trilog (Treffen zwischen Europäischen Parlament, dem Rat der EU (Ministerrat) und der Europäischen Kommission) allerdings auf Ausnahmen von der allgemeinen Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Lebensmittel. Die Ausnahmen sollen für Pflanzen gelten, die mithilfe neuer Gentechnik (NGT) verändert wurden. Voraussichtlich ab dem Jahr 2028, wenn die neue Verordnung gilt, werden zahlreiche NGT-Pflanzen von einer Risikobewertung, einem Zulassungsverfahren und einer Kennzeichnungspflicht ausgenommen.
Dann können Lebensmittel auf den Markt kommen, die mithilfe neuer gentechnischer Verfahren hergestellt wurden, ohne dass dies klar erkennbar ist.
Kennzeichnung „Ohne Gentechnik“
Das Logo „Ohne Gentechnik“ oder der Hinweis „ohne Gentechnik“ gibt bislang Orientierung bei der Wahl von gentechnik-freien Lebensmitteln. Hersteller können das Logo oder den Hinweis freiwillig verwenden, wenn sie die gesetzlichen Vorgaben einhalten:
Verboten ist die Verwendung von:
- Zutaten aus gentechnisch veränderten Pflanzen und
- Zusatzstoffen, Vitaminen, Aminosäuren, Aromen oder Enzymen, die mit Hilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt wurden
Auch nachweisebare, unbeabsichtigte Verunreinigungen von gentechnisch veränderten Zutaten werden nicht toleriert.
Für tierische Lebensmittel gelten folgende Vorgaben:
- Die Tiere müssen einen bestimmten Zeitraum vor der Schlachtung gentechnikfrei gefüttert werden. Dieser Zeitraum ist abhängig von der Tierart, zum Beispiel sind es drei Monate bei Milchkühen.
- Futtermittelzusätze und Medikamente, die mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen hergestellt wurden, sind erlaubt.
- Bei Futtermitteln sind zufällige und technisch unvermeidbare Verunreinigungen mit gentechnisch veränderten Organismen erlaubt, sofern sie unterhalb des Schwellenwerts von 0,9 Prozent liegen.
Die geplanten Änderungen der Kennzeichnungsregelungen für mit neuen gentechnischen Techniken hergestellte Produkte könnte weitreichende Folgen für die „Ohne Gentechnik“-Kennzeichnung haben. Eine gentechnikfreie konventionelle Landwirtschaft wäre unter solchen Bedingungen nur eingeschränkt möglich. Der Aufwand, Verunreinigungen zu vermeiden, würde deutlich steigen – und damit auch die Kosten für Verbraucher:innen.
Einschätzung der Verbraucherzentrale
Die Mehrzahl der Verbraucher:innen in Deutschland möchte wissen, wenn Lebensmittel und Zutaten von gentechnisch veränderten Organismen stammen. Das gilt auch für Produkte, die durch neue gentechnische Verfahren produziert werden. Daher fordern die Verbraucherzentralen eine klare und vollständige Kennzeichnung auch für Lebensmittel, die mit neuen gentechnischen Verfahren hergestellt wurden sowie einen wirksamen Schutz gentechnikfreier Landwirtschaft. Nur wenn dies erfüllt ist, können Verbraucher:innen gut informiert einkaufen.
Hinweis: Unsere Kurzmeldungen geben grundsätzlich den Stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Sie werden in der Regel nicht aktualisiert.
Der leichtsprachliche Text wurde übersetzt von:
Isabella von Luxburg,
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