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Ergänzende bilanzierte Diäten – Lebensmittel für den Krankheitsfall

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Ergänzende bilanzierte Diäten – Lebensmittel für den Krankheitsfall

Vielfach sehen sie aus wie Nahrungsergänzungsmittel: Tabletten oder Kapseln mit Vitaminen, anderen Nährstoffen oder weiteren Wirkstoffen. Mit der komplizierten Bezeichnung „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ können Verbraucher vermutlich aber wenig anfangen.

Die Produkte gehören – anders als die Nahrungsergänzungsmittel – zu Speziallebensmitteln für besondere Zwecke und sind für Menschen mit Krankheiten oder Beschwerden bestimmt. Sie dienen zur Ernährung bei Störungen der Verdauung, der Nährstoffaufnahme im Darm, des Stoffwechsels und der Ausscheidung von Nahrungsbestandteilen. Oder aber sie enthalten bestimmte Nährstoffe oder andere Substanzen, die der Patient in erhöhtem Maß benötigt und nicht allein durch eine Anpassung seiner Ernährung in ausreichender Menge erhalten würde. Die Speziallebensmittel dienen weder der Vorbeugung noch der Heilung von Krankheiten, sondern sollen einen besonderen Bedarf decken. Im Gegensatz zu vollständig bilanzierten Diäten dienen ergänzende bilanzierte Diäten nicht als einzige Nahrungsquelle, sondern als zusätzliche Quelle für Nähr- und Wirkstoffe.

Laut EU-Verordnung für Lebensmittel für bestimmte Zwecke müssen diese Lebensmittel „so beschaffen sein, dass sie gemäß allgemein anerkannten wissenschaftlichen Daten den Ernährungsanforderungen der Personen, für die sie bestimmt sind, entsprechen und für diese Personen geeignet sind“.

Ein Zulassungsverfahren gibt es für diese Produkte nicht. Die zuständige Behörde muss lediglich über neue Produkte informiert werden. Im Zweifelsfall, beispielsweise bei einer Prüfung durch die Lebensmittelüberwachung, müssen die Firmen nachweisen, dass ihre Produkte die Vorgaben erfüllen.

Besondere Kennzeichnungen

Für Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke gelten zahlreiche spezielle Kennzeichnungsvorschriften. Die folgenden Angaben sind verpflichtend:

  • die Bezeichnung „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät)“
  • der Hinweis, dass das Erzeugnis unter ärztlicher Aufsicht verwendet werden muss
  • eine Angabe, ob das Erzeugnis zur Verwendung als einzige Nahrungsquelle geeignet ist
  • die Angabe „Zum Diätmanagement bei …[Angabe der Krankheit oder Beschwerde]“
  • eine Beschreibung der Eigenschaften des Lebensmittels in Bezug auf die angegebene Krankheit oder Beschwerde gegebenenfalls mit Angaben zur besonderen Zusammensetzung.
  • eine umfassende Nährwertkennzeichnung, unter anderem mit allen enthaltenen Vitaminen und Mineralstoffen

Je nach Erzeugnis kommen gegebenenfalls noch folgende verpflichtende Kennzeichnungen hinzu:

  • Hinweise zur Altersgruppe
  • Angaben zur Gesundheitsgefährdung und weitere Warnungen
  • Hinweis auf Vorsichtsmaßnahmen und Gegenanzeigen
  • eine Gebrauchsanweisung

Aussagen zu Gesundheit und Krankheit

Ein Teil der ergänzenden bilanzierten Diäten im Handel sind in der Zusammensetzung typischen Nahrungsergänzungsmitteln sehr ähnlich und für Verbraucher manchmal kaum auseinander zu halten.

In Kennzeichnung und Werbemöglichkeiten unterscheiden sie sich aber: Für Lebensmittel allgemein und daher auch für Nahrungsergänzungsmittel ist krankheitsbezogene Werbung verboten. Sie dürfen gesundheitsbezogene Angaben tragen. Diese sind aber stark reglementiert: Nur geprüfte und zugelassene Angaben sind erlaubt.

Auf bilanzierten Diäten dagegen dürfen keine gesundheitsbezogenen Angaben stehen. Da sie für Menschen mit Beschwerden und Krankheiten vorgesehen sind, steht der konkrete Verwendungszweck auf der Verpackung. Zusätzlich sind die Eigenschaften und gegebenenfalls die Zusammensetzung beschrieben. Hierfür gibt es aber keinen vorgegebenen Wortlaut. So bestimmen Hersteller die Art und Weise, wie sie Eigenschaften ihrer Produkte beschreiben.

Der Übergang von sachlicher und zielgruppengerechter Information zu Werbung kann dabei fließend sein. Ob die Grenze zur krankheitsbezogenen Werbung überschritten wurde, ist eine Einzelfallentscheidung für die Lebensmittelüberwachung und Gerichte. Dabei ist die Gesamtaufmachung des konkreten Lebensmittels zu betrachten.

Mittel gegen Haarwuchs und zum Abnehmen

Beispielsweise darf die Wirkstoffkombination aus Hirseextrakt, Cystin und Pantothensäure in Nahrungsergänzungsmitteln nicht mit Aussagen zum Haarwachstum beworben werden. Ein entsprechender Antrag für eine Zulassung solcher Werbeaussagen wurde abgelehnt. Lediglich bestimmte Nährstoffe wie Zink dürfen mit der Angabe „trägt zur Erhaltung normaler Haare bei“ beworben werden.

Als ergänzende bilanzierte Diät sind Produkte mit den Wirkstoffen aber „zur diätetischen Behandlung bei hormonell erblich bedingtem Haarausfall und Haarwachstumsstörungen“ im Handel. Je nach Aufmachung solcher Produkte und Beschreibung der Wirkungsweise können diese auch gesunde Menschen ansprechen, die sich volleres Haar wünschen.

Auch für Nahrungsergänzungsmittel zum Abnehmen sind die Werbemöglichkeiten begrenzt. Sie können bestenfalls damit werben, im Rahmen einer kalorienarmen Ernährung zu Gewichtsverlust beizutragen. Diese Angabe ist für Glucomannan erlaubt. Manche Hersteller werben damit, dass bestimmte Nährstoffe zu einem normalen Stoffwechsel – oder Fettstoffwechsel – beitragen. Dies ist aber keineswegs mit einer Gewichtsabnahme gleichzusetzen. Ergänzende bilanzierte Diäten werden dagegen „zum Diätmanagement bei behandlungsbedürftigem Übergewicht“ angeboten. Je nach Aufmachung und Beschreibung der Produkte können sie gesunden Verbrauchern den Eindruck vermitteln, allein mit den Tabletten leicht ein paar „überflüssige Pfunde“ loswerden zu können.

Da es sich um Lebensmittel für besondere Zwecke handelt, sollten Verbraucher die Kennzeichnung ernst nehmen und diese Mittel nur nach ärztlicher Anweisung verwenden, nicht zur Vorbeugung und auch im Krankheitsfall nicht „auf eigene Faust“.

Entsprechend sollte die Aufmachung dieser Produkte sachlich und schlicht sein. Namen, Beschreibungen und Abbildungen sollten keinen werbenden Charakter haben, so dass sie beispielsweise Vorteile für gesundheitsbewusste Menschen oder einen falschen Eindruck zum Ausmaß der Wirkung vermitteln.

Die amtliche Lebensmittelüberwachung ist gefordert, Produkte eingehend auf die korrekte Einordnung als ergänzende bilanzierte Diät zu kontrollieren und zu prüfen, ob die Mittel tatsächlich für die diätetische Behandlung der angegebenen Krankheiten und Beschwerden geeignet und wirksam sind.

Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke sollten Beschwerden und Krankheiten vorbehalten sein, bei denen tatsächlich ein veränderter Nährstoffbedarf besteht. Aus unserer Sicht ist eine abschließende Liste von Krankheitsbildern und Beschwerden notwendig, bei denen aus Sicht von medizinischen Fachgesellschaften eine ergänzende diätische Behandlung erforderlich und wirksam ist. Zudem sollte es Vorgaben für die Zusammensetzung der Produkte für diese Ernährungszwecke geben.

Die Auswahl zweckmäßiger diätetischer Maßnahmen sollte nicht den Herstellerfirmen solcher Produkte überlassen bleiben.

Hinweis: Unsere Kurzmeldungen geben grundsätzlich den Stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Sie werden in der Regel nicht aktualisiert.

Der leichtsprachliche Text wurde übersetzt von:
Isabella von Luxburg,
luxburg@leichtzulesen.org,
www.leichtzulesen.org
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Der Text wurde geprüft durch die Prüflesegruppe:
Menschen mit Lernschwierigkeiten Zentrum Leichte Sprache Allgäu,
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Durchschnitt: 4.6 (16 Stimmen)
Thomas Mansberger
25.09.2020 - 08:07

Schon die Überschrift ist falsch.
Nahrungsergänzungsmittel fallen unter das Lebensmittelrecht, Mittel für den Krankheitsfall unter das Pharmarecht, dazwischen gibt es nichts. Lebensmittel gegen Krankheit gibt es nicht!

Redaktion Lebensmittelklarheit
30.09.2020 - 13:56

Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke unterliegen dem Lebensmittelrecht. Sie sind unter ärztlicher Aufsicht zu verwenden und dienen zum Diätmanagement von Patienten, also von Menschen mit Krankheiten, Störungen oder Beschwerden.

Deshalb umfasst die verpflichtende Kennzeichnung unter anderem den Hinweis „Zum Diätmanagement bei …“, ergänzt durch die Krankheit, die Störung oder die Beschwerden, für die das Erzeugnis bestimmt ist.

Niklas S.
28.11.2019 - 09:24

Diese Seite ist veraltet und die Informationen sind nicht mehr korrekt!

Redaktion Lebensmittelklarheit
05.12.2019 - 11:40

Vielen Dank für den Hinweis. Wir sind dabei den Text zu aktualisieren. Den Stand unserer Artikel erfahren Sie jeweils unter dem Text.

katrin
20.12.2017 - 10:59

Als bilanzierte Diät muss man eine Studie, nach strengen Auflagen, veröffentlicht haben, die die Wirksamkeit des Lebensmittels beweist. Also einfach ein Schlupfloch finden, wie sie es darstellen, ist nicht so einfach. Zumal eine Studie auch Geld kostet. Ich würde darum bitten diese Tatsache auch in Ihrem Bericht zu erwähnen.
Herzlichen Dank

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