Urteil: Wurstclipse müssen nicht mitbezahlt werden
Künstliche Wursthüllen, Wurstclipse und Käserinden werden nicht mitgegessen, wurden bislang aber in der Regel mitgewogen. Sie zählten zum Nettogewicht der Lebensmittel. Doch diese Praxis könnte sich in Zukunft ändern. Laut einem aktuellen Urteil des Verwaltungsgerichts Münster müssen nicht essbare Wurstclipse und Wursthüllen bei der Bestimmung des Nettogewichts abgezogen werden.
Hersteller wog Wurst samt Clipsen und Hülle
Geklagt hatte ein Wurstwarenhersteller, in dessen Betrieb die Eichbehörden Unterschreitungen der Füllmenge beanstandet hatten. Die betroffenen Produkte waren jeweils mit zwei Wurstclipsen sowie einer Wursthülle versehen. Die zuständige Eichbehörde hatte beanstandet, dass die Firma die Clipse und Hülle zur Nettofüllmenge des Lebensmittels gerechnet und nicht als Tara abgezogen hatte. Sie untersagte daher den Verkauf der Wurstwaren. Gegen diese Verfügung zog die Herstellerfirma vor Gericht.
Entscheidend: natürlich oder nicht
Das VG Münster gab den Eichbehörden in dem aktuellen Urteil recht. Als Begründung führte das Gericht an, laut Lebensmittelinformationsverordnung sei die Nettofüllmenge der Lebensmittel anzugeben. Der Begriff „Lebensmittel“ schließe – laut Lebensmittel-Basisverordnung – aber nur Stoffe oder Erzeugnisse ein, von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden könne, dass sie von Menschen verzehrt würden. Daraus folge, dass Wurstclipse und Wursthüllen dem Tara-Material und nicht dem Lebensmittel zuzuordnen seien, da diese nicht essbar seien, so das Gericht. Dies gelte allerdings nur für künstliche Bestandteile. Ein Vergleich mit Kirschkernen oder Knochen laufe fehl, da es sich hierbei nicht um künstlich hinzugefügte, sondern um natürlich gewachsene Bestandteile des Lebensmittels handele. Diese könnten nicht von vornherein herausgerechnet werden.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es könnte die bisherige Praxis der Füllmengenangabe vor allem bei verpackten Lebensmitteln ändern. Bislang zählten laut einer Richtlinie zur Füllmengenprüfung der Behörden auch formgebende Bestandteile zum Nettogewicht – sie mussten von Verbraucher:innen mitbezahlt werden. Wird das Urteil rechtskräftig, müssen Konsument:innen Wurstclipse und nicht essbare Hüllen in Zukunft nicht mehr mitbezahlen.
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Der leichtsprachliche Text wurde übersetzt von:
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Kommentare
Liebes Team von Lebensmittelklarheit.de,
leider geben Sie die Konsequenz des Urteils völlig falsch wieder: Es geht nicht darum, ob ein Kunde den Wurstclip "mitbezahlt", sondern ausschließlich darum, ob dieser bei der Füllmenge berücksichtigt werden darf. Wird das Urteil rechtskräftig, muss somit entweder mehr Wurst in die Packung, um die ursprüngliche "runde" Füllmengenangabe zu halten (dann wird natürlich auch die Packung teurer), oder es werden bei der Füllmengenangabe 2 Gramm abgezogen (also z. B. statt "200 g" dann "197 g"). D. h. niemand spart Geld durch diese Entscheidung. Der Wurstclip muss selbstverständlich nach wie vor mitbezahlt werden, da der Hersteller ihn jetzt ja nicht "gratis" bekommt. Das Urteil sorgt nur für mehr Bürokratie, ähnlich wie der Vorgang "Wiegen von halben Broten", der Ihnen bekannt sein dürfte.
Herzlichst,
Ihr Christian Steiner
Wenn Wurstclips und Hüllen nicht zum Nettogewicht zählen, müssen sie auch nicht zum Preis der Wurst mitbezahlt werden, zumal dieser sehr unterschiedlich sein kann und nicht jede Wurst Clip und Hülle enthält. Der Sachverhalte ist für uns vergleichbar mit Erdbeerschalen: Auch diese gehören nicht zum Nettogewicht und werden damit nicht zum Preis der Erdbeeren mitverkauft. Wie Hersteller mit dem Urteil umgehen, wird sich zeigen.
Da das Urteil ausdrücklich nicht für lose Ware, sondern nur für Fertigpackungen gilt, ist Ihr Beispiel verfehlt. Es bleibt dabei, dass Verbraucher Hülle und Clip weiterhin mit bezahlen müssen. Es gibt kein Verbot, dass Hersteller die Kosten hierfür im Verkaufspreis nicht mehr berücksichtigen dürfen.
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